Teeweg-Architektur Orte zenbuddhistischer Schulung

Japanische Teehäuser und Teeräume dienen aus Sicht des Gastes bei einer japanischen Teezeremonie dem Zusammenkommen jenseits der üblichen gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Teehäuser sind daher keine Teestuben nach westlicher Definition oder Teepavillons wie in China, Korea etc.. Sie sind Orte für zenbuddhistische Schulung und Übung, sprich Dojo für Schüler des Teeweg. Diese Übungsorte sind konzipiert für die Überwindung des Dualismus, des 'ICH-und-die-Welt-Denkens', und zugleich von Anfang an auch Anwendungsorte des Weg-Übens und -Gehens.

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Nijiriguchi Eingangstür für Gäste

Schon das Hineingehen erfolgt, in aller Regel, vollkommen anders als bei jeglichen anderen Häusern oder Hütten. Zunächst geht man durch einen sehr speziellen Roji (Teegarten)), der wie ein Stück Wald mit Moos und wenig Pflanzen angelegt ist, naturbelassen, ohne beschnittene Bäume und Sträucher. Roji lässt sich mit "taubedecktem Grund" übersetzen und symbolisiert den ewig jungen Pfad Buddhas.
Die Tür zum Teeraum ist rund 50 cm über dem Boden und nur 70 x 70 cm groß. Davor liegt ein Fels, der als Stufe dient und auf dem man die Schuhe auszieht. Hiernach kriecht man, den Kopf senkend, hinein. Bei einigen Teeräumen gibt es auch mannshohe Türen.

Nijiriguchi Eingangstür ins Teehaus für Gäste bei einer Teezeremonie
Geöffnete Nijiriguchi des Teehaus in Bad Langensalza

Solch eine Nijiriguchi Teehaus-Tür ist wie ein Filter zu verstehen, der all das wegfiltert, was uns Menschen kennzeichnet und auszeichnet, zugleich dadurch aber auch voneinander abgrenzt. Gelingt es dem Gast, dieses Unterscheidende und Trennende draußen zu lassen, gelangt nur noch das Verbindende in den Teeraum. Und zwar ohne dogmatische Vorgaben oder sonstige Regeln. Denn es ist auch ein wichtiger menschlicher Wesenszug, dass wir mit anderen zusammenkommen möchten. Was in diesen Teeräumen noch dadurch erleichtert wird, was imaginär über diesen Räumen steht: »Dies ist ein Raum, um Fehler zu machen.« Was bedeutet, dass keiner in solch einem Raum den anderen bewertet.
Teezeremonie ist daher auch der falsche Ausdruck, da es vielmehr Teetreffen sind, die in solchen japanischen Teeräumen und Teehäusern stattfinden. Erlebt man solche Teetreffen also häufiger, ohne Fehler zu beachten, lösen sich diese sonderbarerweise mit der Zeit auf, klären sich in sich. Was wiederum die Intensität und den Nachklang fördert und somit wiederum unserem Alltag in der lauten, plappernden Welt zugute kommt.

Teeraum-Größe

Die Größe eines japanischen Teeraum kann von einer Fläche mit 1¾ Tatami Matten (ca. 180 x 180 cm) über 3 Matten (180 x 270 cm) bis zur klassischen Fläche von 4½ Tatami Matten (270 x 270 cm) reichen. Dabei können die Tatami Maße in Japan je nach Region leicht unterschiedlich ausfallen.

Tokonoma Bildnische

Dem Hineinkriechen des Gastes durch die Nijiriguchi folgt ein Betrachten der Tokonoma, welche die Funktion eines Bilderrahmens hat. Unabhängig von der Teeraum-Größe ist stets eine Tokonoma oder zumindest ein kleiner Bereich für Bild und Blume vorhanden. In dieser Bildnische finden sich zumeist ein Rollbild, eine besondere Vase mit ein bis drei unspektakulären Blumen und ein Gefäß für Räucherwerk. Bild, Blume, Vase etc. verweisen sozusagen auf das Thema des Treffens. Das Rolldbild kann beispielsweise die Tuschzeichnung einer Felsküste mit einem Boot sein, auf dem jemand auf das Meer hinaussegeln möchte, sich also zu neuen Horizonten aufmacht. Die Blumen können auf die Blüten der Herkunft verweisen, die man im Herzen mitnimmt. Diese Chabana, wörtlich »Tee-Blumen«, sind dabei nicht mit den protzigen verschwenderischen und daher unpassenden Ikebana, den schicken gekünstelten Blumen-Arragements, zu verwechseln.

Tokonoma Bildnische mit Tokobashira Naturstamm, Chabana Blumen-Arrangement und Rollbild
Blick auf Tokonoma, Tokobashira und Chabana

Die Vase für die Chabana kann hierbei, statt in der Tokonoma zu stehen, auch an einem naturbelassenen, eigentümlichen Stamm hängen, dem Tokobashira, der die Teeraum-Wand mit der Bildnische halbiert.

Auf dem Teeweg Zur »Fünften Möglichkeit«

Dieser Tokobashira rückt eine zweite Besonderheit dieser Räume in den Fokus, da er nämlich frei von folgenden Merkmalen zu sein hat. Er sollte

  1. nicht protzig, auffällig, aufdringlich,
  2. nicht das Gegenteil hiervon,
  3. kein Mittelding zwischen beidem,
  4. auch keine Ist-Egal-Lösung sein.

Diese vier Entscheidungsarten spiegeln die üblichen Handlungsweisen in unserer Gesellschaft und im Alltag, denn überall ist ein ICH zugegen, dass diese Muster nutzt. Zugleich können wir diese vier eigentlich untauglichen Vorgehensweisen aber erkennen, da wir diese offenbar aus einer fünften Methode heraus wahrzunehmen vermögen. Diese »Fünfte Möglichkeit« jenseits eines ICH-Agierens, also jenseits des Dualismus, können wir uns mittels der Schulung auf dem Zen-Weg des Tees mehr und mehr verfügbar machen. So wie dies in Japan seit über 500 Jahren vorgelebt wird.

Japan-Look oder Authentisch japanisch

Hier liegt neben vielem anderen eine unabdingbare Grundvoraussetzung vor, überhaupt solch authentisch japanische Häuser und Japanräume entwerfen und bauen zu können. Was im Rückblick auf über 500 Jahre Teehaus-Geschichte seit 1487 den weltweit einmaligen Status dieser 'Hütten' erklärt: Sie sind die real erlebbare Nicht-Zweiheit, von der die Zen- und Teemeister seit jeher sprechen. In ihnen findet sich alles vollendet wieder, was wir Menschen an Tugenden und baulichen Anforderungen je gedacht und ersehnt haben. Sie sind sozusagen die Stradivari unter sämtlichen Bauwerken der Menschheit seit Stonehenge. Ein Mehr ist nicht möglich; und ein Weniger ließe Wichtiges vermissen.
Daher ist in diesen Teeräumen und Teehäusern die zeitlos gültige Ur-Beschaffenheit unserer Existenz überhaupt erlebbar. Weit jenseits persönlicher Sichtweisen. Seit 1952 auch ausserhalb Japans, sprich weltweit in allen Ländern der Erde.

Authentizität Nur bei Langzeitschülern des Teewegs und nach Bestätigung durch echte Meister

Ausrichtung und Dachform, Art und Größe der Fenster, Position derselben, sowie zahlreiche andere Faktoren werden nur mündlich an Langzeitschüler auf Zen- und Teeweg vermittelt. Beton, Stahl, Glas und Kunststoffe scheiden verständlicherweise als ungeeignete Werkstoffe vollkommen aus. Sowie etliche andere ebenso. Auch technische Perfektion scheidet aus, sowie Nicht-Perfektion etc. (siehe »Fünfte Möglichkeit«).

„Wer alles über den Ozean weiß, kann dennoch nicht schwimmen. Erst wer sich wirklich — nach Jahren unermüdlicher, täglicher Übung — auf den Ozean, also das Ganze, einlässt, erlebt ein »Schwimmen ohne Schwimmbewegung«."


M. Sôtai Knipphals
Teemeister der Teeweg-Schule Carpe Diem

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Das Tee-Geschichten Buch Alte und neue Erzählungen
aus dem Teeraum

Eine Sammlung heiter besinnlicher Anekdoten, erstmals in einer westlichen Sprache … So, wie sie sich seit Jahrhunderten in den Teeräumen Japans und mittlerweile auch international zwischen Lehrer und Schüler ereignen.
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Blick in einen kleinen Japangarten durch halboffene Shoji Schiebetüren

Japanräume und Japangärten authentisch gebaut

Kyoto-Touren mit Teemeister Sôtai Knipphals

Kyoto-Touren Reisen zum kulturellen Herz Japans

Begleiten Sie Teemeister Sôtai Knipphals in die Region Kyoto, Nara und Uji.